Die Vorgeschichte:
In den letzten Jahren gab es in der Val di Susa, einem Tal in
Norditalien, immer wieder direkte Aktionen gegen die in Bau
befindliche Bahnstrecke für den "TAV" - den
Hochgeschwindigkeitszug
(sowas wie der ICE - A.d.Ü.).
Genau genommen gab es verschiedene Brandanschläge auf Bohrköpfe
für
den Tunnelbau, auf Stromverteiler, Signalverstärker der
italienischen
Telekom und kleinere Anlagen anderer Medien- und
Telokomunikations-
Gesellschaften die hinter dem Projekt "TAV" stehen.
Diese Bahnstrecke wird gegen den Willen der gesamten Bevölkerung
im
Tal gebaut, auch lokale PolitikerInnen und die örtliche
Bezirksverwaltung sind gegen das Projekt.
Die Anschläge begannen im August 1996 und gingen bis Ende 1997.
Im
Laufe der Zeit tauchten Flugblätter einer Gruppe namens
"Graue Wölfe"
auf (Boskurt scheint es in Italien nicht zu geben? - Verwundert
d.Ü.), die von den Behörden als UrheberInnen dieser direkten
Aktionen
ausgemacht wurden.
Den Ermittlungen zufolge sollen sich diese nun zuletzt in Turin -
in
besetzten Zentren - aufgehalten haben.
Was folgt, ist eine chronologische Zusammenfassung der vielen
Nachrichten, die seit dem 6.3. zur Repressionswelle gekommen
sind.
Solidaritätskomitee Italien
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Donnerstag, 5.3.98
Drei besetzte Häuser (Squats) wurden von der DIGOS (Politische
Polizei) und den ROS - auf Befehl des Staatsanwaltes Marcello
Tatangelo - durchsucht:
Der Squat "La Casa di Collegno", dort wurden drei
Personen
festgenommen weil sie angeblich Anschläge auf die im Bau
befindliche
Trasse des neuen Hochgeschwindigkeitszuges ("TAV") in
Val di Susa
verübt haben sollen;
Das "Asilo Occupato" wurde Durchsucht wobei Geschirr, Türen,
Fenster,
Toiletten zertrümmert, auf die Matratzen der BesetzerInnen
gepisst
und Broschüren, Comics, Flugblätter, eine kaputte
Schreibmaschine und
Photos beschlagnahmt wurden; anschließend wurde das Gebäude von
den
Bullen zugemauert, mit der Begründung die Durchsuchung sei
"positiv"
verlaufen;
Die "Alcova Occupata" wurde für 5 Stunden durchsucht
und dann - um
2:00 Uhr nachts - mit Gewalt von einigen Dutzend UnterstützerInnen
wieder eingenommen, indem sie die Bullen wortwörtlich verjagt
haben.
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Freitag, 6.3.1998
Um 15:30 Uhr begann eine Blockade vor dem Rathaus. Ca 100
Personen
aus Squats und sozialen Zentren waren anwesend und haben mit Böllern
und Rauchbomben die Via Milano blockiert. Dann sind die Bullen in
Aufstands-bekämpfungs-Uniformen gekommen, haben die
DemonstrantInnen
von drei Seiten eingekesselt, angefangen zu Knüppeln und die
ersten
Personen wegzuzerren. Einige DemonstrantInnen sind dann geflüchtet,
andere gingen in Richtung Stadtzentrum, verfolgt von etlichen
Bullen
und Streifenwagen; einige Scheiben wurden eingeschmissen und eine
regelrechte Menschenjagd begann. 14 Menschen wurden festgenommen,
eine davon liegt im Krankenhaus. Während den Krawallen im
Stadtzentrum wurde - um 16:00 Uhr - das "Asilo
Occupato" wieder
besetzt, obwohl das Haus seit dem Abend des Vortages von Bullen
umzingelt war. Am Abend befanden sich die BesetzerInnen auf dem
Dach,
mit Rauchbomben und einem Transparent:
"Hochgeschwindigkeits-Besetzungen" - während vor dem
Haus ein großer
Haufen UnterstützerInnen ein Fest mit Volxküche organisierte.
Die Tagesschau berichtete von 200 Personen die das Rathaus
blockiert
haben und ca 40 die sich an den Krawallen beteiligt haben -
"jugendliche Asoziale", Gewalt, Plünderungen und
Vandalismus, 23
eingeworfene Schaufenster, 15 Geschäfte, Autos, Werbeplakate und
Mülltonnen. Weiterhin wurde gesagt, die BesetzerInnen des
"Asilo
Occupato" würden die Anschläge auf den
Hochgeschwindigkeits-Zug
verherrlichen.
Die Adressen der drei Inhaftierten:
- Silvano Pelissero, c/o carcere speciale, via Roncata, Cuneo
12100
- Edoardo Massari, c/o casa circondariale delle Vallette, via
Pianezza 300,10151 Torino
(Diese beiden werden der "Bewaffneten Bande",
terroristischer
Vereinigung, Waffenbesitz und Herstellung von Sprengkörpern
beschuldigt)
- Soledad Bruno, c/o carcere Le Vallette, via Pianezza 300, 10151
Torino
(Sie wird der Mittäterschaft beschuldigt, seit die Bullen
behaupten
in der Casa di Collegno Sprengstoff gefunden zu haben)
--
(Es folgt die Presseerklärung eines "CSOA" aus Turin -
einem
autonomen (beachte: Italienische Autonome sind "ML" -
CSOA's sind
legale Zentren, die oft KP's und ähnlichem nahe stehen) sozialen
Zentrum - A.d.Ü.)
In Bezug auf die Dinge, die in der Nacht des 5.3. und heute
Nachmittag im Zentrum Turins passiert sind, erklärt das soziale
Zentrum Gabrio folgendes:
1. Die politisch Verantwortlichen sind: Die Lega Nord, Alleanza
Nazionale und Forza Italia (Offen faschistische bzw.
Nationalkonservative Parteien - A.d.Ü.), die in den von ihnen
regierten Bezirken eine Kampagne gegen soziale Zentren los
getreten
haben. Die Stadtverwaltung, und - vor allem - der zweite
Bürgermeister Carpanini, der sich das geschehene erhofft hat um
daraus eine Angelegenheit der öffentlichen Sicherheit zu machen.
Die
Staatsanwaltschaft, die seit Monaten gegen die anarchistische
Bewegung hetzt und das turiner Polizeipräsidium, das auf
DemonstrantInnen hat einknüppeln lassen um eine für die
Öffentlichkeit unmögliche Situation zu schaffen, in der ungestört
mit
repressiven Mitteln gehandhabt werden kann.
2. Wir verurteilen das Verhalten der sog. "Ordnungskräfte",
die
gestern Abend auf die Betten der BesetzerInnen des Asilo Occupato
gepisst und geschissen haben und ihre persönlichen Gegenstände
zerstört haben, die heute Nachmittag wild auf eine junge Frau
eingeprügelt haben - welche sich jetzt auf der Intensivstation
befindet - und die während der Krawalle ihre Schusswaffen offen
gezeigt haben.
3. Das soziale Zentrum Gabrio bekennt sich zu den Aktionen von
heute
Nachmittag, die in den Medien als Vandalistisch dargestellt
wurden,
und sieht sie als richtig und berechtigt an. Die Geschäftsleute,
die
die Bärber aus der Innenstadt raus haben wollen tun uns
sicherlich
nicht leid!
4. Wir lehnen den Versuch der Stadtverwaltung strikt ab, die
sozialen
Zentren und die besetzten Häuser in gute und Böse zu spalten.
Solange
auf soziale Fragen mit Repression geantwortet wird werden wir
eben
entsprechend Antworten.
Freiheit für die inhaftierten KommunistInnen und AnarchistInnen!
CSOA Gabrio
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Samstag, 7.3.98
Am Morgen haben ca. 30 Personen vor dem Gericht in Via Corte
d'Appello demonstriert und ihre Solidarität mit den drei
Festgenommenen (Edoardo, Silvano und Soledad) zum Ausdruck
gebracht.
Den Festgenommenen werden schwere Vorwürfe im Zusammenhang mit
den
Anschlägen auf den TAV (Hochgeschwindigkeitszug) gemacht. Der
Haftprüfungsrichter hat die Entscheidung auf Montag, 9,3,
vertagt.
Am Nachmittag um 16:00 Uhr haben ca. 200 DemonstrantInnen das
Filmset
für Gianni Amelios "Così ridevano" (So lachten sie -
A.d.Ü.) besetzt.
Das Filmset wurde für eine halbe Stunde blockiert, die
Anwesenden
haben ihre Solidarität mit den von der Repression betroffenen
Squats
erklärt und es gab einen Ausführlichen Redebeitrag zu den
Geschehnissen der letzten Tage.
Dann gab es eine Spontandemonstration zum Platz der Republik wo
ein
Autofahrer einen Demonstranten angefahren hat (ohne schlimmere
Folgen). Die Demonstration ging dann ständig wachsend zum Asilo
Occupato wo sie abgeschlossen wurde.
--
Presseerklärung des El Paso Occupato:
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag begann in Turin eine
weitere
Repressionsmaßnahme der Carabinieri der ROS ( = SEK - A.d.Ü.):
Nach
den seit Jahren ergebnislos laufenden Ermittlungen des
Staatsanwaltes
Maurizio Laudi anläßlich der 13 Anschläge gegen die Arbeiten
am TAV
(Hochgeschwindigkeitszug) in Val di Susa sind die Militärs
(Carabinieri gehören zum Militär - A.d.Ü.) in drei besetzte Häuser
der turiner libertären Szene eingedrungen: Das Alcova, das Asilo
Occupato und das Casa di Collegno. Sie haben einen
Durchsuchungsbefehl gegen Edoardo Massari, einem Anarchisten aus
Ivrea der bereits 1992 von einem groben und niederträchtigen
Konstrukt der Polizei und Presse betroffen war und deshalb ein
Jahr
im Knast saß; der andere Durchsuchungsbefehl ist gegen Silvano
Pelissero, Anarchist aus der Val di Susa, der sich in Turin
niedergelassen hat. Gegen die beiden wird ermittelt wegen:
"Bewaffneter Bande", Terroristische Vereinigung, Besitz
und
Herstellung von Waffen und Sprengkörpern.
Nach drei Stunden Durchsuchung in der Casa di Collegno gehen die
ROS
alleine in den Keller und tauchen wundersamerweise wieder auf mit
Materialien, die unterschiedlich definiert werden (Sprengkapseln,
Zündschnüre, Explosivstoffe...). Die Carabinieri verhaften
Silvano,
Edoardo und Sole, eine junge Argentinierin die dort lebt.
Im Alcova begegnen die ROS einem größeren Widerstand, beenden
den
Einsatz aber trotzdem in kurzer Zeit.
Im Asilo Occupato kommen sofort während der Durchsuchung durch
die
Militärs auch noch zahlreiche DIGOS (Politische Polizei - A.d.Ü.),
Carabinieri und PolizistInnen, die sich der laufenden
Durchsuchung
anschließen, sich des Hauses bemächtigen und beginnen, alles
systematisch zu zerstören: Türen, Fenster, Möbel, Waschbecken,
Toiletten, Kücheneinrichtung, alles zerstört. Sie beenden den
Einsatz
indem sie auf die Betten der BesetzerInnen pissen, während diese
auf
der Straße von einer wahrhaftigen Armee auf Distanz gehalten
wurde.
Die Räumung wird danach mit der kompletten Zumauerung des Gebäudes
gekrönt.
Am Nachmittag findet eine Blockade des Rathauses statt. Nachdem
eine
Rauchbombe geworfen wurde beginnen die in großer Zahl anwesenden
Carabinieri und Polizei, wild auf die DemonstrantInnen einzuknüppeln
und eine Menschenjagd durch die Innenstadt beginnt.
Im laufe der Krawalle zerspringen dutzende Schaufensterscheiben.
Diese besondere Gegebenheit, wegen der die ChronistInnen und
PolitikerInnen so sehr erzürnt waren, interessiert uns nicht:
Der
soziale Friede ist nicht Bestandteil unserer Programme.
Die Polizei hat erfreut die ihnen von den ROS gebotene
Gelegenheit
ergriffen, um einen Einsatz durchzuziehen der etwas unglaubliches
hat.
Wir wissen nicht, ob sich die rote Stadtregierung zu diesem
Handschlag bekennen wird, diese Regierung die in den jetzigen
Zeiten
der Diskussion über die sog. "Sozialen Zentren" wohl
von "rechts"
zuschlagen wollte um nach "links" eine Nachricht
abzugeben: Entweder
Kollaboriert Ihr indem ihr Euch darauf beschränkt soziale
Dienste und
Kreativität verteilt, oder Euch passiert dieses.
Diese schwerstwiegende Einschüchterung hat jedenfalls nicht den
gewünschten praktischen Effekt gehabt: Das Asilo Occupato ist
nach
einer langen Belagerung durch die Polizei wieder besetzt worden.
Den BesetzerInnen unsere Solidarität, den Herrschenden unserer
Stadt
eine Ermahnung: In Wettrennen im Rowdytum könnt ihr ausschließlich
zahlreicher sein, aber sicherlich nicht besser.
Aber kommen wir jetzt zur etlichsten Geschichte von
AnarchistInnen
und Bomben.
Seit längerem kommen die Einsätze der ROS mit den
italienischsten
Geschichten von Konstruktionen, Einschüchterungen, heimlichen
Absprachen, Knüppeleien etc. einher, vom Fall Riccio
(Erschaffung von
"ZeugInnen" und "Beweisen", um unerwünschte
verurteilen zu können -
A.d.Ü.) zu den Massakern in den 70er Jahren, vom Fall Di Donno
zum
Konstrukt Marini. Und parallel dazu - wenn die Ermittlungen in
bestimmten Fällen ins nichts führen: Irgend ein Anarchist zum
anklagen läßt sich immer finden.
ABER DAMIT WIR UNS RICHTIG VERSTEHEN:
Wir sind absolut solidarisch mit all denjenigen, die in der Val
di
Susa - nachdem sie die Nutzlosigkeit der Delegation an
institutionelle Kräfte festgestellt haben - dazu übergegangen
sind,
ihren Widerstand gegen das Projekt des Hochgeschwindigkeitszuges
in
Form von direkten Aktionen zu zeigen, indem sie die Arbeiten
sabotiert haben und Anschläge gegen die Firmen verübt haben,
die
dieses monströse Projekt finanzieren.
Wir sind ebenso gegen den TAV wie es einstimmig die Gemeinde in
Val
di Susa ist, ein Fakt das nichts daran geändert hat daß dieses
Projekt - gewollt von großen Firmen, FIAT an der Spitze -
trotzdem
startet.
Wir erkennen in der Methodik der Aktionen - alle gegen Maschinen
und
Strukturen gerichtet, gegen die unterschiedlichen Strukturen der
sozialen Kontrolle, die Telekom, Mediaset, RAI (Staatsfernsehen),
alle mit zuhause herstellbaren Sprengkörpern ausgeführt - eine
totale
Übereinstimmung mit unseren Ideen, unseren Analysen und unserer
Praxis. Und daher, weit davon entfernt über Opfer zu klagen erklären
wir unsere
TOTALE SOLIDARITÄT MIT SILVANO, EDOARDO UND SOLE
TOTALE SOLIDARITÄT MIT DEN MENSCHEN IN VAL DI SUSA, DIE GEGEN
DEN
HOCHGESCHWINDIGKEITSZUG KÄMPFEN
---
Sonntag, 8.3.98
Am morgen hat der Haftrichter in einem Schnellverfahren über die
am
Freitag festgenommenen entschieden, die am Nachmittag
freigelassen
werden.
---
Montag, 9.3.98
El Paso Occupato angezeigt wegen "Befürwortung von
Straftaten"
Die Tageszeitung "La Stampa" hat heute Morgen die
Nachricht gebracht,
daß "... Die Carabinieri der Provinzcomandatur die
Verantwortlichen
des El Paso Occupato wegen Befürwortung von Straftaten angezeigt
haben [...] Die Carabinieri haben eine Kopie der Erklärung
sichergestellt, die am Samstag Abend vom El Paso verteilt wurde -
zwei Seiten in denen die Demonstrationen der letzten zwei Tage
zusammengefaßt werden, gekrönt von einer Drohung:
« Den BesetzerInnen unsere Solidarität, den Herrschenden
unserer
Stadt eine Ermahnung: In Wettrennen im Rowdytum könnt ihr
ausschließlich zahlreicher sein, aber sicherlich nicht besser.
»
Dann, nach einem Angriff auf das Sonder-Einsatz-Kommando (ROS)
der
Carabinieri, die "Verantwortlichen" für die
antiterroristische
Aktion, hier die Zeilen die den Tatbestand der Befürwortung von
Straftaten erfüllen:
« Wir sind absolut solidarisch mit all denjenigen, die in der
Val di
Susa - nachdem sie die Nutzlosigkeit der Delegation an
institutionelle Kräfte festgestellt haben - dazu übergegangen
sind,
ihren Widerstand gegen das Projekt des Hochgeschwindigkeitszuges
in
Form von direkten Aktionen zu zeigen, indem sie die Arbeiten
sabotiert haben und Anschläge gegen die Firmen verübt haben,
die
dieses monströse Projekt finanzieren. [...] Wir erkennen in der
Methodik der Aktionen - alle gegen Maschinen und Strukturen
gerichtet, gegen die unterschiedlichen Strukturen der sozialen
Kontrolle, die Telekom, Mediaset, RAI (Staatsfernsehen), alle mit
zuhause herstellbaren Sprengkörpern ausgeführt - eine totale
Übereinstimmung mit unseren Ideen, unseren Analysen und unserer
Praxis. [...] »
--
Presseerklärung des El Paso Occupato
Zwei Überlegungen anläßlich dem Artikel in der Tageszeitung
"La
Stampa" vom 9.3. über die Ermittlung gegen die
Verantwortlichen im El
Paso Occupato wegen "Befürwortung von Straftaten" in
der
Presseerklärung vom 7.3. anläßlich der Verhaftungen und
Krawalle Ende
letzter Woche
Derweil bestätigen wir unser mehr als totales Desinteresse gegenüber
der Aufregung um die eingeworfenen Schaufensterscheiben. Erstens,
weil - wenn sie Dir wie Rowdys das Haus verwüsten und alles voll
pissen, und es die BeschützerInnen der demokratischen Ordnung
sind
die das tun, diejenigen, die von den BürgerInnen
demokratischerweise
toleriert und finanziert werden, dann ist es nicht verwunderlich
wenn
in Anbetracht einer mangelnden militärischen Kraft um darauf
angemessen zu antworten mensch sich gegen die Symbole jener
zivilen
Gesellschaft wendet, die still und leise derartige Schweinereien
legitimiert.
Zweitens, wenn die Menschen, die auf der Straße protestieren
zusammengeknüppelt werden BEVOR irgend etwas von ihnen ausgeht,
wenn
sie von einem Dutzend Bullen verfolgt und blutig geschlagen
werden -
egal wer diese Menschen sind, dann ist es nicht verwunderlich daß
sie
Schaden anrichten.
Wir wollen garnicht erst an die vielen Male erinnern, wo die
Medien
es nicht für nötig gehalten haben über 10 Jahre kleinerer und
größerer repressiver Fälle gegen diejenigen, die nicht im Reih
und
Glied leben wollen, zu berichten. Es ist auch nicht nötig auf
die
Schizophrenie der zivilen Gesellschaft hinzuweisen, die gegen die
Massaker an Walen protestieren und sich nicht um die Zerstörung
ihrer
Umwelt kümmern, oder die ohnmächtig die Nachrichten über die
Verantwortlichkeit des Staates und seiner DienerInnen an
Massakern,
Bomben, Züchtigungen und Prügeleien hinnehmen sobald mindestens
20
Jahre vergangen sind.
Angesichts der Ermittlungen gegen uns wegen "Befürwortung
von
Straftaten" erklären wir unsere Solidarität mit all denen,
die weder
ihr eigenes Leben noch ihr eigenes Überleben und vor allem nicht
ihre
eigene Selbstverteidigung an diejenigen Delegieren, die sie
Bedrohen.
Die gesamte Val di Susa ist gegen den TAV
(Hochgeschwindigkeitszug),
die institutionellen Kräfte mit eingeschlossen; die Medien
berichteten vor einigen Monaten, angesichts der Ergebnislosigkeit
der
Ermittlungen, über die offensichtliche Sympathie der Bevölkerung
gegenüber den Menschen, die die Anschläge verübt haben. Aber
nichts
wird den TAV stoppen außer der direkten Aktion - mit Sicherheit
nicht
Petitionen und (Trauer)Märsche.
Wir haben - wie immer - eine genaue Position eingenommen, sowohl
um
unsere Ideen und Praktiken zu bestätigen, als auch weil wir
nicht
wollen das zum etlichsten Male diejenigen, die Einfahren, nach
wenigen Tagen vergessen sind bis sie, wie es gewöhnlich
passiert,
nach vielleicht einem Jahr immer noch nicht wieder frei sind, in
aller Stille, von allen unbeachtet.
All diejenigen, die von sich behaupten gegen die Ausbeutung des
Menschen und der Umwelt zu kämpfen, all diejenigen, die meinen
gegen
den gegenwärtigen Stand der Dinge zu sein, müssen eine klare
Position
sowohl zur Verhaftung von Silvano, Edoardo und Sole einnehmen,
als
auch zu den Ereignissen in Val di Susa. Nicht nur die Revolution
in
anderen Teilen der Welt soll schön sein.
Wir haben zu dieser lächerlichen Kriminalisierung, die nur nach
Einschüchterung stinkt, klar Stellung genommen: Wir werden
unsere
Ideen auch dann nicht ändern, wenn wir die einzigen wären die
sie
ohne Ängste offen zeigen. Was die Versöhnung mit der bürgerlichen
Gesellschaft betrifft - nochmal - bestärken wir unsere mehr als
totale Aversion gegen sie. Wir sind nicht hier um uns
einzubringen.
KRIEG DER GESELLSCHAFT
---
Sonnabend, 14.3.98
"Hochgeschwindigkeits-Demonstration" in Turin
Dokumentation eines Flugblattes diverser besetzter Häuser
WIR SIND HEILIGE, ABER WIR WOLLEN KEINE MÄRTYRER
Am Donnerstag, den 8. März durchsuchen ROS und Polizei drei
Squats
und verhaften Soledad, Silvano und Edo in der Casa occupata di
Collegno. Dieser Einsatz, der durch das entdecken einer Abhörwanze
beschleunigt wurde, diente dazu die Öko-"Terroristen"
der "Grauen
Wölfe" einzuknasten, die sich laut Staatsanwaltschaft in
den besetzen
Häusern Turins versteckt hielten. Die phantomatischen
"Grauen Wölfe"
sind angeklagt, verantwortlich für eine Serie von Anschlägen
auf die
in Bau befindliche Trasse für Hochgeschwindigkeitszüge (TAV) zu
sein,
die quer durch die bereits geschundene Val di Susa geht. Dieses
Tal
ist uns, wohlgemerkt, ans Herz gewachsen weil wir dort mehrmals
die
Gartenzwerge ausgesetzt haben, die wir vor der Betonierung
gerettet
haben.
Im laufe des Bulleneinsatzes wurden einige mit Benzin gefüllte
Flaschen gefunden, mit der Aufschrift "im Fall der Räumung
einsetzen", spritzen und Silikonspritzen (was für'n Zeug)
und eine
"tödliche" Rohrbombe, die sich danach als harmloses
bengalisches
Feuer entpuppt hat, wie wir es z.B. Neujahr vor den Knästen
benutzen,
auf den Dächern neuer Besetzungen und während unserer schwarzen
Messen.
Nach drei Monaten abhören, filmen und Verfolgung per Satellit
sind
einige Diebstähle das einzige, was sie den drei nachweisen können
-
und wir sehen nichts schlimmes darin sich das zu nehmen, was
mensch
braucht und sich dabei von Mal zu Mal die kreativste und gültigste
Methode aussucht.
Unsere Praxis ist die der direkten Aktion, der Selbstverwaltung,
des
gelebten Lebens. Wir versuchen unvorhersehbar, teuflisch,
anarchisch
und blasphemisch zu sein. Uns gefällt es, aufzutauchen und zu
verschwinden, jedes Mal in einer anderen Form, als Spiegelbild in
einem Schaufenster oder als BesetzerInnen des Filmsets von
Amelio,
oder auf einer genehmigten Demonstration - wie heute. Wir sind
weder
politische Militante noch islamische Integralisten. Wir sind
heilige,
aber wir wollen keine Märtyrer.
Wir sind HausbesetzerInnen und seit Jahren gehen wir in Turin auf
Kaperfahrt. JedeR mit den eigenen Eigentümlichkeiten,
Unterschieden,
der eigenen Autonomie in der Aktion und den eigenen
Entscheidungen.
Die Stadtverwaltung, Eigentümerin diverser Häuser, hat versucht
diese
hinterhältige Polizeiaktion auszunutzen um drei davon zu schließen.
Es ist ihr nicht gelungen, aber die AvantgardistInnen des
Gutgemachten werden weiterhin versuchen die Stadt zu "Säubern"
angesichts den baldigen kommen von Pilgerern und Papst. Oder des
nächsten Zirkus.
Die Staatsanwaltschaft produziert Hirngespinste, die Presse -
gefüttert und gehätschelt - macht sie glaubhaft, bläht sie auf
und
jubelt sie den Leuten unter: sie schneidert den BesetzerInnen den
Stereotypen des Idiots an den Leib. Glaub den Medien nicht!
UNSERE GANZE SOLIDARITÄT FÜR SILVANO EDOARDO UND SOLEDAD SOFORT
FREILASSEN - ALLE FREILASSEN
Dies ist eine (genehmigte) Demonstration, eine Initiative für
Gegenöffentlichkeit, wir sind heute hier um mit den Menschen zu
reden
und nicht mit den Schaufenstern. Wir wollen keine Provokationen.
"Lebe ruhig, weit weg vom ärger, und warte auf den Tag an
dem Du
stirbst" (Heiliger Antonius)
ALCOVA OCCUPATO - ASILO OCCUPATO - BAROCCHIO OCCUPATO - CASCINA
OCCUPATA - DELTA HOUSE OCCUPATA